Lange haben wir auf diesen Augenblick hingearbeitet!
Auf den Moment, an dem wir zusammenkommen und zusammen feiern - uns, unsere Arbeit, die Bilder, die Ausflüge - das Leben. Mitte Oktober war es dann soweit! Unsere Bilder - von inneren (Werken der Bewohner*innen) und äußeren Ausflügen (Digitalfotos der Ausflüge von mir) - hingen an einer Galerieschiene in Rahmen an der Wand.
Und es kamen dann doch viele Menschen, neugierig, was denn da los wäre, in der nun bunten offenen Werkstatt. Leider konnten meine beiden Mit-Therapeut*innen, mit denen ich hauptsächlich am Geschehen der "Ausflugstherapie" wirke, nicht mit dabei sein. Aber um so schöner, dass sie das nächste Mal dabei sind. In einer größeren Gruppe können leider nie alle gleichzeitig mitmachen und dabei sein. Selbst die Pflege und der Soziokulturelle Dienst waren beteiligt. Was mich sehr freut und ich das Gefühl und die Idee gewinne, dass wir langsam zusammenwachsen und an einem Strang ziehen. Rührige Mitarbeiter*innen waren spontan bereit, uns Limo, Chips und Duplo ("Die längste Praline der Welt") in der METRO/Edeka zu besorgen. Und besonders passend kamen dann die Duplo-Aufdrucke, die von einem "du & ich" (z.B. "zusammen sind wir groß") sprachen.
Hier kamen auch die therapeutischen Disziplinen Kunst- und Musiktherapie zusammen. Unsere Musiktherapeutin hatte sich spontan bereiterklärt, ein musikalisches Programm mitzugestalten. Gemeinsam Sein und Singen. Meine Idee war das Volkslied "Das Wandern ist des Müllers Lust" und sie hätte sich noch zwei weitere Lieder gewünscht. Aber es wird ein nächstes Mal geben. Ganz sicher. Wir fangen langsam an und steigern uns. Schließlich sangen wir eines - der Müller versprühte seine Lust und so mancher Bewohner schmetterte laut freudig mit.
Doch bevor wir sangen, versuchte ich klare, einfache und damit einleitende Worte zu finden, für unseren gemeinsamen Prozess zur Ausstellung. Ich freue mich so, dass wir schon so weit gekommen sind und ich weiß, dass es bisweilen anstrengend war. Doch ich wollte die Bewohner*innen an nahezu allen Schritten des kreativen Prozesses teilhaben lassen, wie eine Ausstellung entsteht. Leichte Überforderungen haben sich bisweilen gezeigt. Dabei sein, Mitdenken, Mittun, so gut es geht, war das Motto. Ich habe versucht, in meiner kleinen Rede, die Bewohner*innen in all ihrem Tun und Mitgehen zu würdigen. Wer wann bei welchem Ausflug dabei war, wer wann was zum Gelingen der Ausstellung beigetragen hat. Ein Motto, das in unserem gemeinsamen Gruppen-Tun entstanden ist, lautet "Geteilte Freude ist - ... halbes Leid". Und dann müssen wir immer lachen. Ich arbeite gerne mit Sprichworten, die jeder kennen kann. Besonders schön fand' ich die rege Beteiligung einiger meiner Bewohner*innen, vor den Anderen darzustellen, was für sie die Ausflüge bedeuten -
Raus! - Was Anderes sehen.
Es entspannt und belebt!
Tut Herz und Seele gut.
Etwas für alle Sinne!
Orte erleben, wo man alleine nie hingekommen wäre.
In einer tollen Gemeinschaft! Einem WIR! Weil wir ein Team sind.
Hier das von mir gestaltete Poster zur Ausstellung
Hier das Poster (im Entstehungsprozess) von den Bewohner*innen gestaltet
Und bisher waren wir an folgenden Orten und damit folgenden Ideen, mit denen wir dann auch kreativtherapeutisch im Team weitergearbeitet haben:
1. 14.05.2021: Ausstellung mit dem abgeformten Buckelwal (Gil Shashar) in der St. Elisabeth-Kirche in Berlin-Mitte - Architektur, Meer und Blau
2. 02.07.2021: Gärten der Welt - Natur (Park, Wälder, Moore, Blumen, Pflanzen)
3. 06.08.2021: Treptower Park, Ehrenmal (Natur, Kulturgeschichte, Denkmal, Erinnerung)
4. 27.08.2021: Straussee - Fähre und Wald (Wald, See, Fähre)
5. 01.10.2021: Museumsinsel - Kultur/ Kunst(-Geschichte) & Architektur (Märchen, Tor zur Phantasie, Symmetrie)
6. In Vorbereitung - Kloster Chorin (geplant für den 19.11.2021 - Mittelalter und Heute)
Wir haben viel geschafft.
Auch wenn auf dem Weg Überforderung an der einen oder anderen Stelle auftritt. Ich will das nicht mehr überdramatisieren. Dann wird einfach eine Pause gemacht. Das Prinzip ist Freiwilligkeit und nur aus freien Stücken enstehen eigenmotiviert die inspirierendsten Werke, Ideen und Projekte.
Einige beteiligte Bewohner*innen wären fast nicht zur Vernissage gekommen. Womit das genau zu tun hat, kann ich nur vermuten: es hat uns alle (auch mich), aber allem voran die Bewohner*innen gefordert. Und auch eine Vernissage bedeutet, sich mit seinen Werken einer Öffentlichkeit zu stellen. Ein Bewohner ließ sich dann dennoch sanft überreden - denn geteiltes Leid ist auch halbes Leid. Auch wenn er ungewöhnlich feuchte Augen hatte. Vielleicht war es Beschämung - ein Gefühl des Beschämtseins von auch viel guter Aufmerksamkeit. Vielleicht auch aus Solidarität zu einer anderen Bewohnerin, die tatsächlich nicht mitkam. Sie wollte lieber in ihrem Buch lesen, das sie oft und gerne liest, weil es ihr Sicherheit und auch Freude schenkt. Überforderung kommt schnell. Bei Menschen mit alkoholbedingtem Syndrom schneller als bei Ottonormalverbraucher. Ein kleines Zuviel führt zu einem erhöhtem Stressaufkommen. Um dem entgegenzuwirken ist Chillen und damit auch Muße ein guter Weg.
Impressionen der Vernissage und der Ausstellungsvorbereitung
Auch "Sanfii" - die aufgesammelte Zuckerschote aus den Gärten der Welt - war dabei
Unsere Musiktherapeutin spielt für uns - "Das Wandern ist des Müllers Lust"
Mancher Scherz verband uns - Duplos kamen diesmal besonders gut an - die "längste Praline der Welt" und auch die Erinnerung an diese alte Werbung von 1990, die wir tatsächlich alle kannten, brachte auch Menschen zum Schmunzeln, die eher weniger positive Regungen wie ein Lächeln zeigen. Und auch das Bild unten zeigt einen Bewohner beim Scherzen - er als alter Mann - wird immer noch gut drauf sein.
Komentáre